Ariane Widmer Pham spricht über architektonische Kultur und nachhaltige Stadtentwicklung in Genf
Die mit dem Preis der Brandenberger-Stiftung ausgezeichnete Ariane Widmer Pham berichtet über ihre Vision, ihre Rolle und ihre Standpunkte als Mitglied des Stiftungsrats und als Architektin. Sie geht auf die Herausforderungen und Chancen der Baukultur in dicht besiedelten städtischen Gebieten, insbesondere in Genf, ein und betont die Bedeutung einer abgestimmten Querschnittsplanung.
Ariane Widmer Pham ist eine leidenschaftliche Architektin und Stadtplanerin, die sich seit Jahren für eine qualitativ hochwertige Baukultur in der Schweiz einsetzt. Ihr Engagement in der Stiftung Baukultur Schweiz zielt darauf ab, ein breites Publikum – von Fachleuten über Gemeinden bis hin zu Wirtschafts- und Immobilienkreisen – für die Bedeutung der Baukultur zu sensibilisieren. Ariane Widmer Pham betont, dass gute Stadtplanung, sorgfältige Architektur und Baukultur auf hohem Niveau entscheidend dazu beitragen, dass sich die Menschen in ihrem Wohn- und Arbeitsumfeld wohlfühlen.
DieBedeutung der Baukultur
Baukultur ist keine allgemein geteilte Selbstverständlichkeit, sondern ein Bewusstsein, das man sich erarbeiten muss. Ariane Widmer Pham erklärte, dass Baukultur in die Grundbildung integriert werden sollte, um ein tieferes Verständnis und eine Wertschätzung unserer gebauten Umwelt zu fördern. Der Sinn für die Gemeinschaft, die Einfachheit der Konstruktion und die Nähe zum Handwerk, wie es früher der Fall war, sind verloren gegangen. Heute ist es wichtig, die Beziehung zu Materialien und zum Bauen wieder zu stärken und die kollektive Idee der Stadt als gemeinsames Projekt zu fördern.
Herausforderungen und Ziele der Stadtplanung in Genf
Genf zeichnet sich durch ein sehr begrenztes Territorium aus, was zu einer hohen städtischen Dichte und einem starken Regulierungsbedarf führt. Dieser Kontext erfordert eine sorgfältige und qualitätsorientierte Planung. Widmer Pham betont die Notwendigkeit, Projekte zu entwickeln, die sensibel sind und im Dialog mit dem Erbe stehen. Genf war eine der ersten Städte, die in das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) aufgenommen wurde, wodurch die Qualität und die Sensibilität in Bezug auf die Stadtentwicklung verbessert wurden.
Agglomerationsprogramm und ökologischer Übergang
Das 2007 gestartete Agglomerationsprogramm des Grossraums Genf hat wesentlich zur Koordinierung der Verkehrs- und Siedlungsentwicklung beigetragen. Die Entwicklung von gemeindeübergreifenden Gebieten, die mit der Verkehrsinfrastruktur koordiniert werden, hat sich bewährt, steht jedoch weiterhin vor grossen Herausforderungen. Die Entwicklungsvision, die den Agglomerationsprogrammen zugrunde liegt, wird regelmässig überprüft, um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden, wie z.B. dem Ziel der Netto-Null-Emissionen.
Partizipative Verfahren in der Stadtplanung
Partizipative Verfahren sind ein wesentlicher Bestandteil der Stadtplanung in Genf. Seit 2015 ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Planungsprozesse von Abstimmungsprozessen begleitet werden müssen. Diese Verfahren ermöglichen es der Bevölkerung, ihre Erfahrungen und Bedürfnisse einzubringen, was zu einer besseren Akzeptanz der Projekte führt. Widmer Pham betont, dass eine breite Bürgerbeteiligung zur Entwicklung von Projekten beiträgt, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Einwohner entsprechen.
Zukunftsperspektiven und innovative Ansätze
Die Herausforderungen der Verdichtung und der nachhaltigen Stadtentwicklung in Genf erfordern innovative Ansätze und eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren. Sie erfordern nuancierte Ansätze zur Identifizierung und Mobilisierung von Sektoren mit Veränderungspotenzial, insbesondere in den peripheren Räumen der Nachkriegszeit. Diese Entwicklung wird manchmal durch einen Ansatz erreicht, der als „Spitzenstadtplanung“ bezeichnet werden kann, bei der die Lösungen eher auf der Ebene der Architektur als auf der Ebene der Planung zu finden sind. Ariane Widmer Pham betont die Notwendigkeit eines sensiblen Umgangs mit dem Bestehenden, um dessen Potenzial zu erkennen und zu nutzen.
Ariane Widmer Pham zeigt auf beeindruckende Weise, wie Baukultur und nachhaltige Stadtentwicklung Hand in Hand gehen. Ihr Engagement und ihr Fachwissen tragen dazu bei, dass Genf weiterhin als Beispiel für qualitativ hochwertige Stadtplanung dienen kann. Die Förderung von Baukultur, partizipativen Prozessen und innovativen Ansätzen zur Verdichtung sind wesentliche Elemente einer nachhaltigen städtischen Transformation, die sowohl den Bedürfnissen der Bewohner als auch den Anforderungen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit gerecht wird.
au sujet de l’auteur
Ariane Widmer Pham, de formation architecte EPFL, est actuellement urbaniste cantonale de Genève. A ce titre elle est responsable de la vision et de la qualité du développement territorial. Auparavant en tant que directrice du bureau intercommunal SDOL, elle a été en charge de la mise en œuvre de la stratégie de développement de l’Ouest lausannois. Son travail a permis aux huit communes d’obtenir le prix Wakker en 2011. De 1999 à 2002 elle a dirigé le département de design d’Expo.02.
Dans ses activités elle s’engage dans la transmission, la sensibilisation et la défense d’un développement urbain de qualité. Elle est membre de plusieurs comités d’organisation actives dans le domaine du territoire et de la culture. En 2022, elle obtient le prix de la fondation Brandenberger pour son engagement professionnel au service de l’aménagement du territoire, comme acte collectif pour un développement durable.