Revolutionärer Energiespeicher
Mit dem Power-to-Gas-Konzept (P2G) setzt EKZ einen wichtigen Meilenstein zur Stromversorgung der Schweiz im Winter.
Die Mehrfamilienhäuser im Seebrighof speichern Solarstrom in Form von Wasserstoff. Dr. Martin Nicklas, Leiter Energiecontracting bei EKZ, erklärt das revolutionäre Power-to-Gas-Konzept: «An Sommertagen wird die Solaranlage auf dem Dach des Seebrighofs mehr Strom produzieren als die Bewohnenden nutzen können. Daraus macht die sogenannte Power-to-Gas-Anlage Wasserstoff. Im Winter ist der Energiebedarf höher. Dann wandelt man den gespeicherten Wasserstoff in Energie um. In den Brennstoffzellen der Anlage entsteht daraus zu rund 55 Prozent Strom. Die restlichen 45 Prozent der Energie entweichen als Abwärme, mit der man das Gebäude beheizt.» Der Wasserstoff wird aus Leitungswasser produziert, das direkt in der Anlage aufbereitet wird. Quasi als Abfallprodukt entsteht dabei Sauerstoff, der in die Umgebungsluft entweicht. Dies ist umweltfreundlich, weil der Wasserstoff im Winter mit Sauerstoff aus der Luft wieder in Wasser und erneuerbare Energie umgewandelt wird. Damit schliesst sich der Kreislauf. Für die Produktion verwendet die Anlage ausschliesslich lokal produzierten Solarstrom, und das öffentliche Stromnetz wird entlastet.
EKZ als Vorreiter
Mit einer Batterie im Haus werden kurzzeitige Schwankungen in der Solarstromproduktion im Sommer aufgefangen und so zum Beispiel Solarstrom für die Nacht gespeichert. Die danach freibleibenden Überschüsse wandelt die P2G-Anlage konstant in Wasserstoff um. Dadurch kann sie kostengünstiger realisiert und effizienter betrieben werden. Für Nicklas übernimmt EKZ hierzulande eine Vorreiterrolle in der Umstellung auf die erneuerbare Energieversorgung: «Schweizweit wird zum ersten Mal eine P2G-Anlage realisiert, die kostengünstig auch in anderen Immobilien unterschiedlicher Grössen – sogar bei bestehenden Gebäuden – eingesetzt werden kann. Mit der Anlage prüfen wir das Potenzial der saisonalen Energiespeicherung von Solarstrom für den Winter.» In der Schweiz gibt es einige wenige Immobilien mit Wasserstoff-Anlagen, auch im Kanton Zürich. Der Unterschied des Projekts im Seebrighof ist das standardisierte Konzept, welches einfach und kostengünstig auf andere Gebäude angewendet werden kann.
Power-to-Gas-Anlage
Doch es kommt noch besser: Dank der Power-to-Gas-Anlage kann der grösste Teil des Solarstroms direkt lokal verbraucht werden. Die elektrische Effizienz der P2G-Anlage beträgt über alle Prozesse rund 30 bis 35 Prozent. Der Rest fällt als Abwärme an, die im Sommer für die Warmwassererwärmung und im Winter für die Heizung verwendet wird. Könnte man sich im Seebrighof komplett eigenständig mit Energie versorgen? – «Dies wäre technisch möglich und wird in einzelnen Objekten bereits auch so gemacht. Allerdings wäre dies sehr kostenintensiv und war daher in diesem Projekt nicht das Ziel.»
Ungefährliche Wasserstoff-Lagerung
Bei der Lagerung von brennbaren und potenziell explosiven Gasen wie etwa Erdgas oder Wasserstoff sind die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Diese Massnahmen werden von den Behörden überprüft, um sichere Installationen zu gewährleisten. Wasserstoff wird üblicherweise im Aussenbereich gelagert, wobei sich allfälliges Leckage-Gas schnell verflüchtigt und somit ein explosives Gemisch verhindert wird. Im aktuellen Fall wird gemäss Nicklas das H2 in handelsüblichen Gasflaschen gelagert, welche die schweizerischen Sicherheitsstandards und Normen voll erfüllen.
Wann lohnt sich eine P2G-Anlage?
Die Antwort hängt von vielen Faktoren ab und muss sich immer auf das konkrete Bauobjekt und die Ansprüche der Bauherrschaft beziehen, wie Nicklas ausführt: «Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie oft der Wasserstoffspeicher pro Jahr aufgeladen werden kann. Denn mit jedem Ladezyklus erwirtschaftet die Anlage einen Deckungsbeitrag, der zur Amortisation beiträgt. Auch dieses Potenzial testen wir mit der Anlage und entwickeln das Konzept entsprechend weiter.» Die Bauherrschaft des Seebrighofs beweist mit dem Projekt aber durchaus auch Pioniergeist. So lässt sie die Anlage nicht nur aus rein monetärer Betrachtung installieren. Man möchte hier vorneweg gehen und einen Beitrag leisten zur Reduktion der Versorgungslücke im Winter – die Gesellschaft unabhängiger machen von Energieimporten aus fossilen Quellen. Die Anlage am Seebrighof kann dank kostengünstiger Umsetzung gut finanziert werden, so Nicklas. Sie leiste einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung saisonaler Speichertechnologien: «Wie wirtschaftlich die Technologie effektiv ist, ist Gegenstand unserer Untersuchungen. In den nächsten Jahren rechnen wir allerdings nochmal mit einer deutlichen Preisreduktion auf dem Wasserstoffmarkt, was der Technologie Auftrieb verleihen könnte.
Energiestrategie 2050
In der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 nehmen Speichertechnologien auf der Basis von Gasen und Flüssigkeiten einen hohen Stellenwert ein. EKZ erreicht mit der ersten standardisierten Power-to-Gas-Anlage einen wichtigen Meilenstein, der für die zukünftigen Entwicklungen beispielhaft sein könnte. Nicklas sagt abschliessend: «Wollen wir Wärme- und Stromversorgung wie auch die Mobilität mit erneuerbaren Energiequellen vollumfänglich speisen, braucht es Anstrengungen in allen Bereichen. Wasserstoff als Speichermedium kann dazu beitragen, die Herausforderungen der Stromversorgung im Winter zu entschärfen».