Wenn der Strom spürbar wird
Mit dem Einzug des Winters und den längeren Nächten verbrauchen wir mehr Energie. Noch merken wir als Privatkundinnen und -kunden wenig von dem, was aktuell an den Energiemärkten passiert. Denn dies wird sich erst verzögert auf die Tarife auswirken.
Riccardo Pozzi ist Leiter Energiewirtschaft bei der Primeo Energie AG und für die Beschaffung des Stroms, auch für die Kundinnen und Kunden von EKZ, zuständig. Um den Strompreis zu verstehen, muss man auf die Preise für andere Energieträger schauen. Denn der Strompreis ist eng an diese gekoppelt. Schauen wir uns also den Gaspreis an. Denn er bestimmt aktuell den Strompreis und über ihn ist in den Medien viel zu lesen, zu sehen und zu hören: Er erreicht Rekordwerte. Und eine rasche Preiserholung ist noch nicht in Sicht. «Die Gründe für diesen hohen Gaspreis liegen einerseits darin, dass die Gasspeicher im Sommerhalbjahr nicht gefüllt werden konnten», erklärt Riccardo Pozzi. Bereits damals war der Gaspreis am Steigen. In der Hoffnung auf eine Preiserholung hatte man die alljährliche Füllung der Gasspeicher hinausgeschoben. Zum Abwarten kommt die verzögerte Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 hinzu. Diese wird künftig russisches Gas über die Ostsee direkt nach Deutschland transportieren. Doch politische und rechtliche Themen haben die Inbetriebnahme bis jetzt verzögert. Somit ist die Nachfrage grösser als das Angebot, was den Preis auf dem Markt hochtreibt.
Abhängigkeit des Strompreises
Doch was hat der Gaspreis nun mit dem Strompreis zu tun? Der Strom wird auf dem europäischen Strommarkt an verschiedenen Börsen gehandelt. Preisbestimmend dabei ist die teuerste Technologie, die für die Stromproduktion eingesetzt wird. Denn diese Kraftwerke werden in der Reihenfolge ihrer Grenzkosten (variable Kosten) eingesetzt. Und das so lange, bis die Nachfrage gedeckt ist. Das teuerste, eingesetzte Kraftwerk bestimmt somit den Preis. Dieser Mechanismus wird durch die so genannte «Merit Order Curve» ausgedrückt.
«Momentan bestimmen hauptsächlich Gaskraftwerke den Preis», erklärt der Energiespezialist. Dies erklärt den starken Anstieg des Strompreises. Es gibt aber noch einen weiteren Grund für den Anstieg der Stromkosten: CO2-Zertifikate. Kraftwerke müssen für den CO2-Ausstoss, den sie produzieren, Zertifikate erwerben. Diese werden ebenfalls gehandelt und zum grossen Teil preislich von der EU beeinflusst. Infolge der hochgesteckten Ziele der EU für die Emissionsreduktionen sind die Preise für die CO2-Zertifikate ebenfalls gestiegen.
Aussichten Strompreis
«Aktuell spüren noch vertragslose Geschäftskunden am freien Markt, das heisst Kundinnen und Kunden mit einem Verbrauch von mehr als 100 MWh, den hohen Strompreis stark», erzählt Riccardo Pozzi und ergänzt: «Viele Kundinnen und Kunden haben bis jetzt gehofft, dass die Preise doch noch sinken würden». Da hätten es Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung besser. Denn während bei Geschäftskunden der Strom zum aktuellen Preis eingekauft wird, setzt sich der Preis für Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung aus einem Durchschnitt über zwei Jahre zusammen. «Unsere Kundinnen und Kunden werden den aktuellen Strompreistrend 2023 und 2024 durch einen grösseren Preisanstieg zu spüren bekommen», erklärt Karl Resch, Leiter Regulierungsmanagement und Netzwirtschaft bei EKZ. «Da wir kaum Eigenproduktion in der Schweiz haben und somit von den Marktpreisen abhängig sind, wird unser Preisanstieg etwas grösser ausfallen als derjenige von Energieversorgern, die einen grossen Anteil an Eigenproduktion aufweisen», ergänzt der Experte. Und er sagt: «Diese Unternehmen haben über die Jahre tendenziell höhere Strompreise, die aber nicht so stark schwanken». EKZ gehört auch 2022 zu den günstigsten Stromversorgern der Schweiz. Wie stark sich die Strompreise 2023 erhöhen werden, steht noch nicht fest. Denn die Tarife werden erst im Sommer 2022 bestimmt. EKZ setzt sich jedoch weiterhin dafür ein, die Strompreise so tief wie möglich zu halten.
Zusammensetzung des Strompreises
Wenn Sie wissen wollen, wie sich der Strompreis zusammensetzt, lesen Sie den Beitrag auf energie-experten.ch von Claudio Maag, stellvertretender Leiter Netzwirtschaft und Regulierungsmanagement von EKZ.