Wie der Mieterverband den Wohnungsbau sabotiert

Die Initiative des Mieterverbandes, für die am 3. Juni 2025 die Unterschriftensammlung begonnen hat, klingt auf den ersten Blick wie eine Wohltat: tiefere Mieten, mehr Schutz für die Mieterinnen und Mieter, mehr Mitspracherecht. Doch wer sich nicht von wohlklingenden Titeln blenden lässt, erkennt: Diese Initiative bekämpft Symptome – und zementiert die Ursachen.
Natürlich sind steigende Angebotsmieten eine reale Belastung, vor allem in den Ballungszentren. Doch der Eindruck, es handle sich um eine Verschwörung der Vermieterseite, greift zu kurz. Die Zahlen sind eindeutig: Laut dem Bundesamt für Wohnungswesen fehlen jährlich bis zu 10’000 Wohnungen – bei gleichzeitiger Zunahme der Haushalte um rund 50’000 Einheiten. Dass die Angebotsmieten steigen, ist nicht überraschend – sondern Folge eines wachsenden Nachfrageüberhangs.
Und genau hier liegt das Problem der Initiative. Sie will die Preisbildung administrativ korrigieren, anstatt die strukturellen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt zu beseitigen. Eine Kappung der Renditen mag kurzfristig populär erscheinen – langfristig aber entzieht sie dem Wohnungsbau wichtige Investitionsanreize. Private Anleger – darunter Pensionskassen und Versicherungen – tragen heute einen grossen Teil der Neubautätigkeit. Wer ihre Rentabilität beschneidet, verschreckt Kapital und riskiert eine weitere Verknappung.
Die Mär vom renditegierigen Investor greift ins Leere. Über die Hälfte der Mietwohnungen in der Schweiz gehört Pensionskassen, Versicherungen oder Vorsorgeeinrichtungen – also letztlich der Bevölkerung selbst. Wer ihre Rendite beschneidet, gefährdet unsere Altersvorsorge. Der Wohnungsmarkt ist kein Spielplatz für sozialromantische Experimente, sondern ein komplexes System, das Angebot und Nachfrage in Einklang bringen muss. Wer diesen Mechanismus aushebelt, löst keine Probleme – er verschärft sie.
Auch das Vorkaufsrecht für den gemeinnützigen Wohnungsbau ist heikel. Es bedeutet faktisch eine Enteignung mit bürokratischem Umweg – und ein weiterer Schritt hin zu einem staatlich gelenkten Wohnungsmarkt. Ich warne davor: Ein solcher Eingriff mag ideologisch motiviert sein, aber praktisch bringt er vor allem Verzögerung und Ineffizienz. Gemeinnütziger Wohnungsbau hat seine Berechtigung, aber er ersetzt nicht das marktgetriebene Volumen, das wir dringend benötigen.
Stattdessen braucht es realistische Lösungen. Der SVIT Schweiz hat mit seiner Wohnbauagenda 20 konkrete Forderungen formuliert: schnellere und koordinierte Bewilligungsverfahren, Abbau von Einsprachen, Förderung von Nachverdichtung und flächeneffizientem Wohnraum. Auch das Mietrecht selbst muss differenzierter werden: Es schützt zu stark die Bestandesmieter und zu wenig jene, die dringend eine Wohnung suchen. Das ist weder gerecht noch effizient.
Kurzum: Die Wohnungsknappheit wird nicht durch mehr Regulierung, sondern durch mehr Wohnungen gelöst. Wer den Neubau behindert, egal ob aus ideologischer Überzeugung oder falschem Gerechtigkeitssinn, vergrössert letztlich nur die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage – und schadet damit genau jenen, die er zu schützen vorgibt.
In unserem Land herrscht eine absurde Wohnsituation: Mieterinnen und Mieter sollen glauben, sie seien „eigentlich“ Eigentümer ihrer Wohnung – obwohl sie sie nie besitzen werden. Und warum? Weil Zauberwörter wie „der Markt“, „Pensionskassen“ und „Versicherungen“ angeblich alternativlos sind. Diese Institutionen müssen Renditen erwirtschaften, um unsere Altersvorsorge zu sichern – damit wir dann im Alter doppelt so hohe Mieten zahlen dürfen wie heute. Ein System, das sich selbst für effizient und gerecht hält.
Doch das Märchen vom Markt als Allheilmittel wird nicht wahrer, je öfter es erzählt wird. Selbst der Bau von noch so vielen Wohnungen wird das Grundproblem nicht lösen: Wohnen ist ein Grundrecht, kein Renditeobjekt. Es darf schlichtweg nicht allein den Mechanismen des Marktes überlassen werden.
Wenn Herr Hug fest an seine „Marktlösung“ glaubt, ist das sein gutes Recht. Aber jede andere Idee pauschal als „sozialromantische Experimente“ abzutun, ist weder sachlich noch zielführend. Wir brauchen endlich eine ehrliche Diskussion darüber, wem der Wohnraum gehört – und wem er gehören sollte.