Wohnungen und Bauland zu knapp – Städte wollen Vorkaufsrecht
Zwei Drittel der Städte und städtischen Gemeinden verfügen über zu wenig Wohnraum. Sie geben einen Mangel an Bauland als wichtigsten Grund an und sehen ein Vorkaufsrecht für Grundstücke als eine mögliche Lösung. Dies und mehr geht aus einer aktuellen wohnungspolitischen Umfrage hervor, die im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) und des Schweizerischen Städteverbandes (SSV) Ende 2022 durchgeführt wurde.
Ziel der Umfrage war es, die Wohnungssituation in den Städten und städtischen Gemeinden zu verstehen und aktuelle Erkenntnisse über die wohnungspolitischen Aktivitäten zu gewinnen. Das Beratungsbüro Wüest Partner hatte dafür von November bis Dezember 2022 die 130 Mitglieder des Städteverbandes angefragt. 59 Städte nahmen an der Umfrage teil.
Zu wenig günstige Wohnungen – auch in kleineren Städten
Die Befragung bestätigt zum einen, dass preisgünstiger Wohnraum ein wichtiges wohnungspolitisches Anliegen der Städte ist. Zum anderen unterstreicht sie das Problem, welches zurzeit die öffentliche Debatte prägt: Das Angebot an verfügbaren Wohnungen ist sehr knapp. Rund zwei Drittel der Städte beziffern es als «viel zu klein» oder «etwas zu klein». Neben Wohnungsangeboten im unteren Preissegment fehlt es ebenfalls an Möglichkeiten, Wohneigentum zu erwerben.
Der Mangel an preisgünstigen Wohnungen betrifft vor allem Haushalte mit Kindern und dabei insbesondere Eineltern-Haushalte. Die Situation in den grossen Städten mit mehr als 50’000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird als besonders angespannt wahrgenommen. Aber auch kleinere Städte erachten das Wohnangebot in diesem Segment als ungenügend.
Bauland fehlt und ist zu teuer
68 Prozent der befragten Städte geben an, Land im Baurecht abzugeben, das sie dabei an Bedingungen wie günstige Mietpreise knüpfen. Dabei wird das Ziel verfolgt, mehr preisgünstigen Wohnraum zu schaffen.
Über 80 Prozent der Städte geben weiter an, dass sie über zu wenig Baulandreserven verfügen. Viele würden gerne mehr Land aufkaufen. Dies ist aber aufgrund der hohen Marktpreise oft unrealistisch. Gut die Hälfte nennen die langen und oft komplizierten Verfahren sowie mangelndes Interesse von privaten Investoren als Faktoren, die das Schaffen von günstigem Wohnraum erschweren.
Es besteht Handlungsbedarf
60 Prozent aller befragten Städte sehen «hohen» oder «sehr hohen Handlungsbedarf» auf Ebene der Bundespolitik. Bei den mittleren und grossen Städten teilen sogar je rund 70 Prozent diese Einschätzung. Als mögliche Lösung nannten die Befragten am häufigsten ein Vorkaufsrecht von Bauland und Liegenschaften (80 Prozent).
Fast 70 Prozent der Befragten sind ausserdem der Ansicht, dass die Mietpreise gedämpft werden können, wenn bei einem Mieterinnen- oder Mieterwechsel die vorherige Miete transparent gemacht werde. Die Städte schätzen die eigenen Möglichkeiten, selbst Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu nehmen, als eher gering ein. Die grössten Einflussmöglichkeiten sehen die Städte bei der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus.
Der Städteverband wird die Befunde des Berichts zum Anlass nehmen, Massnahmen und Forderungen zu formulieren. Weiter wird sich am 12. Mai ein Runder Tisch unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin mit dem Thema Wohnungsknappheit befassen. Dazu eingeladen sind u.a. Vertreterinnen und Vertreter der Kantone, Städte und Gemeinden sowie der Bau- und Immobilienbranche.